Ärgernis Baustelle: Der gerechtfertigte Unmut vieler Autofahrer

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Wer regelmäßig auf der Autobahn unterwegs ist, muss Geduld mitbringen. Denn Deutschlands Fernverkehrsadern sind verstopft. Der ADAC bilanzierte für das Jahr 2016 etwa 694.000 Staus mit einer Gesamtlänge von 1,3 Millionen Kilometern. Das entspricht mehr als 32 Umrundungen des Äquators. Die erfassten Staus – im Durchschnitt 1.901 pro Tag – haben im Vergleich zu 2015 um rund 20 Prozent zugenommen. Ein Grund für die Erhöhung ist die kontinuierlich wachsende Fahrleistung, ein anderer, in der subjektiven Wahrnehmung deutlich gravierenderer, die große Zahl an Baustellen.

Starke Nerven müssen vor allem Autofahrer in Nordrhein-Westfalen mitbringen. Auf das bevölkerungsreichste Bundesland entfallen mit 28 Prozent fast ein Drittel der gemeldeten Staukilometer. Als Teil der Landesverwaltung ist der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) für die Planung, den Betrieb und den Ausbau sämtlicher Autobahnen sowie Bundes- und Landstraßen verantwortlich. Kein Wunder also, dass sich der Unmut vieler „Staugeschädigter“ gegen die Behörde richtet. Straßen.NRW gibt auf der eigenen Webseite an, dass jährlich 2.000 Anfragen beim hauseigenen Beschwerdemanagement eingehen. Ein häufiges Anliegen: Baumaßnahmen auf der Autobahn.

Das Problem liegt in der mangelnden Transparenz. Meist ist nicht ersichtlich, auf welche Dauer Straßenbauprojekte angelegt sind und warum sogenannte „Beruhigungsstrecken“ zur frühzeitigen Geschwindigkeitsreduzierung bereits Wochen vor dem eigentlichen Beginn der Bauarbeiten eingerichtet werden. Zu diesem Thema hat Die Welt kürzlich Peter Hübner befragt, den Präsidenten des Bauhauptverbandes. Für ihn ist die Verlängerung von Bauzeiten auf der Autobahn – und damit verbunden die Verschärfung der Stausituationen – auf die von der Politik geschürte Aufteilung komplexer Ausschreibungen in Dutzende Teilaufträge zurückzuführen. Das bedeutet, die Bauarbeiten werden nicht von einem, sondern von vielen verschiedenen spezialisierten Firmen durchgeführt.

Die politische Motivation dahinter scheint nachvollziehbar: die Stärkung des Mittelstands. Durch sie soll auch kleineren Betrieben die Chance gewährt werden, an Großprojekten teilzuhaben. Nur hat die Sache einen entscheidenden Haken. Denn mit der Zahl der beauftragten Unternehmen steigt der Koordinierungsbedarf – und die Gefahr von Verzögerungen in den Bauabläufen. Hübner setzt sich dafür ein, dass die für öffentliche Auftraggeber geltende Verpflichtung, Planungs- und Bauaufträge in Teillosen zu vergeben, gelockert wird. Dabei helfen könnte der Bund, der die Planung und Ausführung von Baumaßnahmen auf Autobahnen übernehmen wird – jedoch erst ab 2021. Bis dahin wird Autofahrern auch weiterhin viel Geduld abverlangt.