Das Bild kennen viele Autofahrer: Die rechte Spur auf der Autobahn ist komplett von LKW blockiert, sie reihen sich Stoßstange an Stoßstange. Was heute aber meist nur punktuell auftritt, soll in Zukunft die Regel werden. Bereits jetzt erproben zahlreiche Nutzfahrzeughersteller das sogenannte Platooning. So wird das koordinierte und vernetzte „Kolonne-Fahren“ von zwei und mehr LKW bezeichnet.
Dabei fährt ein Truck vorweg, die anderen folgen dicht hintereinander. Per Digitaltechnik sind sie miteinander verbunden. Bremst der erste LKW, bremsen die hinteren automatisch mit. So können sie deutlich näher auffahren als normalerweise erlaubt wäre. Die Vorteile beschreibt der Hamburger Verkehrswissenschaftler Wolfgang Maennig gegenüber dem NDR so: „Es wird Staus reduzieren und den Verkehrsfluss optimieren.“ Darüber hinaus werde durch den geringen Abstand Treibstoff gespart. „Und zusätzlich steigert es die Effizienz. Wir brauchen dann weniger Fachkräfte.“
Erste Praxistests
Auch der Nutzfahrzeughersteller MAN und der Logistikdienstleister DB Schenker wollen das Platooning vorantreiben, wie die NKW-Zeitschrift „Profi Werkstatt“ berichtet. So sollen im kommenden Jahr vernetzte LKW testweise auf der A9 zwischen München und Nürnberg fahren. Die beiden Unternehmen rechnen mit Kraftstoffeinsparungen von bis zu zehn Prozent. Auch die Unfallgefahr soll sich bei den Kolonne fahrenden LKW reduzieren.
Noch testen die meisten Fahrzeugbauer und Logistiker die neue Technik mit ihrer eigenen Flotte. Doch wenn es nach dem Willen des europäischen Herstellerverbands ACEA geht, werden sich bereits in wenigen Jahren verschiedene LKW auf den Autobahnen zu „Platoons“ zusammenschließen. „Bis 2023 sollte es möglich sein, mit aus mehreren Marken zusammengestellten Platoons durch ganz Europa zu fahren, ohne dass man irgendeine Ausnahmegenehmigung braucht, um Landesgrenzen zu überqueren“, zitiert DEKRA den ACEA-Generalsekretär Eric Jonnaert.
Offene Rechtsfragen
Voraussetzung dafür ist neben der technischen Realisierbarkeit auch die Klärung der bislang offenen rechtlichen Fragen. Denn wer ist verantwortlich, wenn die Technik versagt? Der LKW-Fahrer, der die Kolonne anführt? Benötigt er deshalb im Vorfeld eine spezielle Ausbildung?
Es bleibt also abzuwarten, ob und wann sich das Platooning durchsetzen wird. Zumal viele Autofahrer eher wenig Freude an geschlossenen LKW-Kolonnen haben dürften, die Fahrstreifen auf Hunderten von Metern blockieren. Das ist zwar bereits jetzt manchmal ein Ärgernis, aber wenigstens kann der LKW-Fahrer noch selbstständig für eine Lücke im Verkehrsfluss sorgen. Diese Entscheidung treffen in Zukunft vielleicht nur noch Maschinen.