Das Tempolimit ist eines der umstrittensten Themen in der deutschen Verkehrspolitik. Während Befürworter ein generelles Limit fordern, um Sicherheit und Umweltschutz zu verbessern, sehen Gegner darin eine Einschränkung der persönlichen Freiheit und einen unnötigen Eingriff in den Straßenverkehr. Deutschland ist das einzige Land in der Europäischen Union, das auf Autobahnen keine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung vorschreibt. Daher stellt sich die Frage: Nutzen die Fahrer auf den deutschen Autobahnen diese Freiheit tatsächlich aus?
Neue Studie zeigt: Durchschnittsgeschwindigkeit sinkt
Eine aktuelle Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem Sommer 2024 hat das Fahrverhalten auf deutschen Autobahnen genauer analysiert. Dafür wurden über einen Zeitraum von vier Monaten die Daten von 979 Messstellen ausgewertet, die die Geschwindigkeit von insgesamt 1,9 Milliarden Fahrzeugen erfasst haben. Das Ergebnis: Die durchschnittliche Geschwindigkeit lag bei 113,5 km/h.
Die detaillierte Auswertung zeigt:
- 83 % aller Pkws fuhren langsamer als 130 km/h
- 10 % fuhren zwischen 130 km/h und 140 km/h
- nur etwa 1 % war schneller als 160 km/h unterwegs
Frühere Studien zeigen, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit in Deutschland über die Jahre gesunken ist. 2022 lag sie bei 115,5 km/h, 2021 bei 116,5 km/h. Die Ursachen für diese Abnahme sind unter anderem eine Zunahme an Baustellen und die Rückkehr vieler Pendler aus dem pandemiebedingten Homeoffice in die Büros.
Argumente für ein Tempolimit: Sicherheit und Klimaschutz
Während die neue Studie Raum für weitere Debatten über ein allgemeines Tempolimit lässt, sprechen sich Umwelt- und Verkehrsexperten klar für eine Geschwindigkeitsbegrenzung aus. Besonders das Umweltbundesamt argumentiert, dass ein Tempolimit nicht nur die Verkehrssicherheit erhöhen, sondern auch einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten würde.
Ein Blick ins Ausland bestätigt diese Annahme: In Frankreich wurde in über 200 Städten ein Tempolimit von 30 km/h eingeführt, woraufhin die Unfallzahlen um 70 % sanken. Ein generelles Tempolimit könnte also auch in Deutschland zu weniger Verkehrsunfällen und einer höheren Sicherheit auf den Straßen führen.
Auch in Bezug auf die CO₂-Emissionen wäre eine Geschwindigkeitsbegrenzung ein wirksames Mittel. Laut einer Studie des Umweltbundesamts könnten mit einem Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h außerorts bis zu 11,7 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr eingespart werden – das entspricht einer Reduktion um 8,1 %. Ein weniger strenges Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen und 100 km/h auf Landstraßen würde immerhin noch 3,2 Millionen Tonnen CO₂ einsparen, was einer Reduktion von 2,2 % entspricht.
Die aktuelle Studie zeigt, dass viele Fahrer bereits freiwillig langsamer fahren als oft angenommen. Dennoch bleibt die Frage, ob eine gesetzliche Geschwindigkeitsbegrenzung die Verkehrssicherheit weiter verbessern und den CO₂-Ausstoß signifikant reduzieren könnte. Während Gegner eines Tempolimits auf persönliche Freiheit und wirtschaftliche Faktoren pochen, liefern Umwelt- und Sicherheitsstudien überzeugende Argumente für eine Begrenzung.