Mögliche Abgas-Manipulation: Fiat gerät erneut ins Visier

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„Bietet wegweisende Technologie“: So bewirbt Fiat sein SUV-Modell 500X im Internet. Aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) kann dieser Spruch auch völlig anders verstanden werden. Denn die Behörde erhebt schwere Vorwürfe gegen Fiat-Chrysler-Automobiles. Demnach soll der Autokonzern die Abgaswerte bestimmter Modelle mit Hilfe von Software gezielt manipuliert haben – ähnlich wie VW. Der WirtschaftsWoche liegt ein entsprechender Brief des BMVI an die EU-Kommission vor. Darin ist von einem „Nachweis des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung“ die Rede.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte das Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) beauftragt, die Abgaswerte verschiedener Fiat-Dieselmodelle zu analysieren. Konkret nahmen die Prüfer den Mini-SUV 500X, den Hochdachkombi Fiat Doblò und den Geländewagen Jeep Renegade unter die Lupe. Das Ergebnis: Bereits nach 22 Minuten Fahrt sorgen spezielle Vorrichtungen dafür, dass die Abgasreinigung der Fahrzeuge gedrosselt wird. Im Gegenzug steige der Ausstoß an umweltschädlichen Stickoxiden um das neun- bis 15-fache des Grenzwerts, so das BMVI in seinem Schreiben. Pikant: Die üblichen Abgastests dauern in der Regel nur etwa 20 Minuten.

Schon im Frühjahr 2016 hatte das BMVI die Abgaswerte des Fiat 500X untersucht und erste Vorwürfe laut werden lassen. „Die Untersuchungskommission hat Zweifel, ob bei Fiat die Typgenehmigungsvorschriften eingehalten wurden“, sagte Dobrindt damals in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und forderte die italienischen Behörden dazu auf, „Maßnahmen zu ergreifen“. Fiat machte damals ziemlich deutlich, was man von dieser Einmischung hielt: Der Autobauer sagte einen im Bundesverkehrsministerium anberaumten Termin im Mai kurzfristig ab – per Anwaltsschreiben. In einer Pressemitteilung des BMVI hieß es anschließend dazu: „Das Unternehmen besteht unter anderem darauf, dass für die Frage, ob Fiat-Fahrzeuge die europarechtlichen Abgas-Vorschriften einhalten, allein italienische Behörden zuständig sind.“

Der Streit entzündet sich dabei auch an den sogenannten „Thermofenstern“. So funktioniert die Abgasreinigung bei zahlreichen Modellen verschiedener Hersteller erst ab einer höheren Außentemperatur, etwa oberhalb von 10 Grad Celsius. Laut den verantwortlichen Autobauern dient das dem Schutz des Motors – und ist damit gesetzlich erlaubt. Das sieht das BMVI jedoch anders, wie Dobrindt im FAZ-Interview erklärte: „Wir haben bei einigen Fahrzeugen Zweifel, dass die Ausdehnung des Thermofensters vollumfänglich und ausschließlich mit dem Motorschutz begründbar ist.“

Nun bleibt abzuwarten, wie die EU-Kommission auf die erneuten Vorwürfe gegen Fiat-Chrysler reagiert. So oder so sollte auch dem italienisch-amerikanischen Konzern daran gelegen sein, im Sinne der Verbraucher schnell für Klarheit zu sorgen – damit der Werbespruch „Bietet wegweisende Technologie“ künftig wieder eindeutig zu verstehen ist.