Garantie und Gewährleistung – Inspektionen in der „Freien Werkstatt“

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Arbeitet eine freie Werkstatt nach Herstellervorgaben, bleibt die Garantie erhalten.
Arbeitet eine freie Werkstatt nach Herstellervorgaben, bleibt die Garantie erhalten.

Viele Autofahrer in Deutschland sind stark verunsichert, wenn es um ihre Rechte in Bezug auf Werkstattleistungen wie Inspektionen geht. Zur Verunsicherung der Verbraucher trägt auch das teils falsche Verständnis von Garantie und Gewährleistung bei.

Die Fahrzeughersteller zählen in diesem Durcheinander nicht selten zu den Profiteuren. Dem Verbraucher wird suggeriert, dass er seine Ansprüche auf Gewährleistung verliert, sollte er zwecks Inspektion eine freie Werkstatt aufsuchen. Da viele Autofahrer ihre eigenen Rechte nicht ausreichend kennen, steuern sie mit ihrem PKW häufig eine Vertragswerkstatt an. Denn wer verzichtet schon freiwillig auf Gewährleistungsansprüche, nur um ein paar Euro in einer freien Werkstatt zu sparen? Von entscheidender Bedeutung ist also die Frage, ob Garantie- oder Gewährleistungsansprüche berührt werden oder gar erlöschen, wenn z.B. eine Inspektion in einer freien Werkstatt durchgeführt wird. Doch zunächst lohnt eine kurze Auseinandersetzung mit den Begrifflichkeiten „Gewährleistung“ und „Garantie“.

Gewährleistung:

Die gesetzliche Gewährleistung regelt das Verhältnis zwischen dem Käufer und dem Verkäufer. Da das Vertragsverhältnis oft zwischen einer natürlichen Person auf der einen Seite (z.B. Autokäufer) und einer juristischen Person auf der anderen Seite besteht (z.B. Autohaus), dient die Gewährleistung dem Schutz des Käufers und definiert Verpflichtungen des Verkäufers. Dem Käufer eines PKW bietet sich z.B. die Möglichkeit, einen Mangel an einem neuen Auto anzuzeigen und Nachbesserung zu verlangen. Kann der Mangel seitens des Autohändlers nicht beseitigt werden, so besteht für den Käufer die Möglichkeit der Kaufpreisminderung oder des Rücktritts vom Kauf. Unter Umständen kann auch ein Anspruch auf Schadenersatz geltend gemacht werden.

Dauer der Gewährleistungsfrist (mind.)

  • 24 Monate bei Neuwagen
  • 12 Monate bei Gebrauchtfahrzeugen
  • Kann bei privaten Verkäufern ausgeschlossen werden

Garantie:

Die Garantie ist eine zusätzlich zur Gewährleistungspflicht gemachte freiwillige Leistung des Verkäufers. Gewährleistungsansprüche bleiben davon unberührt. Da Garantieleistungen also auf der Freiwilligkeit des Verkäufers beruhen, sind diese meist an spezielle Garantiebedingungen geknüpft. Eine beim Fahrzeughersteller beliebte Garantiebedingung besagt, dass eine Reparatur am Fahrzeug nur durch eine Vertragswerkstatt durchgeführt werden darf. Andernfalls würden sämtliche Ansprüche des Fahrzeughalters entfallen. In den meisten Fällen sind diese Klauseln jedoch unwirksam. Entscheidend ist, dass eine Inspektion oder Reparatur gemäß den Vorgaben des Fahrzeugherstellers erfolgt. Somit kann diese Leistung auch von jeder freien Werkstatt durchgeführt werden, ohne dass der Autofahrer auf ihm zustehende Ansprüche verzichten muss.

Freie Werkstattwahl für Autofahrer

Mit diesem Wissen können die Verbraucher nun bewusster und selbstbestimmter entscheiden, wem sie ihren PKW für bestimmte Werkstattleistungen anvertrauen möchten. Die Wahlfreiheit des Autofahrers fördert den Wettbewerb und damit die Servicequalität aller Reparaturbetriebe. Die Ansprüche des Autofahrers (z.B. im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung) bleiben bestehen, ganz egal, ob eine Vertragswerkstatt oder eine freie Werkstatt aufgesucht wird.

Mechaniker herstellerungebundener Werkstattbetriebe können demnach ohne größere Bedenken Inspektionen durchführen, auch wenn diese im Zeitraum der Gewährleistungsfristen anfallen. Wichtigste Voraussetzung ist eine nach Herstellervorgaben vollzogene Inspektion.

Bei den folgenden Sonderfällen können die Rechte des Verbrauchers bei Wartung und Service variieren. Die komprimierte Darstellung dieser Fallgruppen kann und sollte eine anwaltliche Beratung im Einzelfall jedoch nicht ersetzen!

Anschlussgarantien:

Die Wahlfreiheit des Autofahrers bleibt auch dann bestehen, wenn dieser eine Anschlussgarantie erwirbt. Anschlussgarantien sind nicht grundsätzlich an eine Wartung in einer Vertragswerkstatt geknüpft. Ein entsprechendes Urteil des BGH im Jahr 2011 unterstreicht die Wahlfreiheit der Verbraucher auch im Fall einer entgeltlich erworbenen Anschlussgarantie. Somit haftet auch hier der Garantiegeber – es sei denn, der Schaden wurde durch eine unsachgemäße Wartung hervorgerufen.

Leasingfahrzeuge:

Bei Leasingfahrzeugen muss die Eigentumssituation zwingend betrachtet werden. Der Leasinggeber (oft eine Bank oder der Fahrzeughersteller selbst), der über die rechtliche Sachherschaft verfügt, kann durchaus vorschreiben, dass das Fahrzeug in einer Vertragswerkstatt gewartet oder repariert werden muss. Hier wird in der Regel das Interesse des Leasinggebers am Werterhalt des Fahrzeugs über das Recht des Verbrauchers zur freien Werkstattwahl gestellt.

Versicherungsfälle:

Auch bei Versicherungsfällen sind Einschränkungen in der freien Werkstattwahl möglich. Einige Versicherungsverträge enthalten im Fall von Kaskoschäden eine Klausel, die den Besuch einer bestimmten Werkstatt vorschreibt. Bei Haftpflichtschäden sind diese Klauseln jedoch rechtlich nicht haltbar. Der Unfallgeschädigte, für dessen Schaden die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers eintritt, hat freie Werkstattwahl.

Garantie / Gewährleistung / Rückrufe:

Bei Reparaturen, für die der Händler oder der Verkäufer im Rahmen der Gewährleistung aufkommt, wie beispielsweise bei einem Rückruf, besteht für den Fahrzeughalter keine Wahlfreiheit bezüglich der Werkstatt. In der Regel schreibt der Fahrzeughersteller / Verkäufer die Reparatur in einer von ihm festgelegten Werkstatt vor.